Bildung für nachhaltige Entwicklung beginnt im Boden
Kompostieren ist weit mehr als die ökologische Entsorgung von Gartenabfällen. Es ist eine Methode, mit der Kinder in Schulen natürliche Prozesse hautnah erleben – mit ihren Händen, ihrer Nase und über einen langen Zeitraum hinweg. Die Idee, Kompost im Schulumfeld einzusetzen, öffnet den Raum für praxisorientiertes, fächerübergreifendes Lernen und stärkt gleichzeitig das Bewusstsein für Nachhaltigkeit.
In einem gut betreuten Schulgarten wird der biologische Kreislauf greifbar: Vom Keimen über das Wachsen bis hin zum Vergehen und der Rückkehr in den Boden. Küchenreste, Laub und Rasenschnitt verwandeln sich mit der Zeit zu fruchtbarem Humus. Dabei entsteht nicht nur Erde – es wächst ein tiefes Verständnis für ökologische Zusammenhänge.

Inklusion durch Naturerfahrung
Barrierefreie Kompostplätze ermöglichen es auch Kindern mit Förderbedarf, sinnlich und praktisch mit der Natur in Kontakt zu kommen. Die Broschüre Schulgarten ohne Hindernisse (2022) hebt diesen Aspekt besonders hervor. Sie beschreibt, wie barrierefreie Kompostbereiche zu einem integrativen Lernumfeld beitragen können. Quelle und Download als PDF: Umweltbildung Rheinland-Pfalz
Ein Beispiel aus der Praxis zeigt: In integrativen Lerngruppen übernehmen auch motorisch eingeschränkte Schülerinnen und Schüler Aufgaben wie das Messen der Temperatur oder das Schichten von Kompostmaterialien, und das mit spürbarem Stolz und Lerneffekt.
Wissenschaftlich fundiert: Kompost als Bildungsträger
Auch das wissenschaftlich fundierte Konzept zur Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), das von der Universität Potsdam 2023 vorgestellt wurde, betont die Bedeutung von Kompost als zentrales Element schulischer Gartenräume. Laut dieser Studie fördern Kompoststrukturen nicht nur den Lernstoff, sondern auch systemisches Denken und ein reflektiertes Umweltverhalten. Link zur Studie: Universität Potsdam – BNE-Publikation
Die brasilianische Studie Encouraging the teaching of science through composting (Muniz et al., 2025) liefert ein internationales Beispiel: Hier werden einfache wissenschaftliche Experimente rund um den Komposthaufen genutzt, um das Interesse an Biologie, Chemie und Umweltkunde zu wecken. Zur Studie: arXiv Preprint
Ganzheitliches Lernen über das Schuljahr hinweg
Das Handbuch Im Schulgarten aus Oberösterreich (2021) empfiehlt, Kompostprojekte langfristig anzulegen: Kinder dokumentieren Bodenprozesse über Monate hinweg, übernehmen Pflegeaufgaben und erleben, wie Jahreszeiten und Zersetzungsprozesse miteinander verknüpft sind. Quelle: Land Oberösterreich – Schulgarten-PDF
Lehrkräfte berichten, dass besonders Kinder mit geringen Sprachkenntnissen durch das praktische Arbeiten aufblühen – ein handlungsorientierter Zugang, der auch bildungsbenachteiligte Gruppen stärkt.
Fächerübergreifend und praxisnah: Kompost im Stundenplan
Das Programm Gärtnern macht Schule aus Baden-Württemberg bindet Kompostierung aktiv in den Unterricht ein. Ob Mathematik (Messdaten auswerten), Biologie (Mikroorganismen im Humus) oder Sozialkunde (Verantwortung im Team): Der Kompost wird zum roten Faden für viele Lernfelder. Mehr zur Initiative: MLR Baden-Württemberg
Lehrmaterialien für alle Schulformen
Eine besonders hilfreiche Ergänzung für Lehrkräfte bietet das Materialpaket Natur pur im Schul-Nutzgarten auf oekolandbau.de. Es erklärt Schritt für Schritt die Anlage und Pflege eines Komposthaufens und liefert konkrete Anleitungen für verschiedene Altersgruppen – vom Grundschulkind bis zur Sekundarstufe: Zur Materialsammlung
Weitere Ressourcen und Empfehlungen:
- Kompostwissen für Kinder – Umwelt im Unterricht – BMUV
- Kompostierung kindgerecht erklärt – BLW Schweiz
- BNE-Portal – Bildung für nachhaltige Entwicklung
- GemüseAckerdemie – Ackerdemia e. V.
- Praxistipps zu Kompostmaterialien: kompostergarten.de/tipps
Stichpunkte zum schnellen Überblick:
- Kompost fördert praxisnahes, handlungsorientiertes Lernen
- Besonders geeignet für benachteiligte Kinder und inklusive Schulkonzepte
- Vermittlung ökologischer, naturwissenschaftlicher und sozialer Kompetenzen
- Studien belegen positive Lerneffekte und systemisches Denken
- Verankerung im Jahresablauf und in mehreren Fächern möglich
- Umfassende Materialien für Lehrkräfte und Schulträger vorhanden
- Buchempfehlungen und weiterführende Links bieten zusätzlichen Mehrwert
Der Komposthaufen ist damit nicht nur ein Ort der Zersetzung – sondern ein lebendiges Klassenzimmer voller Lernchancen.